Blas­mu­sik im Halb­dun­kel der Kir­che

Auch die­ses Jahr hat das das Blech­blä­ser­en­sem­ble der Stadt­ka­pel­le am drit­ten Advent zum Kon­zert in die Kir­che St. Mar­tin ein­ge­la­den. Das Reper­toire, das Diri­gent Tobi­as Zins­er aus­ge­sucht hat­te, reich­te von der Renais­sance bis zur Moder­ne und volks­tüm­li­chen Lie­dern. Sti­lis­ti­sche Viel­falt und klang­li­che Prä­zi­si­on bescher­ten den Zuhö­rern einen Ohren­schmaus, der zum Ver­wei­len ein­lud.
Rei­ne Blech­blä­ser­be­set­zun­gen wir­ken von sich aus schon “könig­lich”, fest­lich. Das Blech­blä­ser­en­sem­ble der Stadt­ka­pel­le glänz­te zusätz­lich mit einem samt­wei­chen und sehr varia­blen Klang, der geschmei­dig und warm den gro­ßen Reso­nanz­raum der Kir­che aus­klei­de­te. Tobi­as Zins­er ver­zich­te­te auf ein­füh­ren­de Tex­te und setz­te ganz bewusst auf die Macht der Musik und einer hoch­ent­wi­ckel­ten Ton­spra­che. Und die­se Musik stand da, stark und tief gegrün­det, präch­tig in allen Facet­ten fun­kelnd im Halb­dun­kel der Kir­che.
 
Kein sen­ti­men­ta­les Brim­bo­ri­um
 
Adventskonzert 2014Das Ensem­ble agier­te äußerst fle­xi­bel und mit Bedacht. Die hoch­ro­man­ti­sche Har­mo­nie­fül­le lag ihm eben­so wie baro­cke Kunst­fer­tig­keit und volks­tüm­li­che Schlicht­heit. Ein ohne sen­ti­men­ta­les Brim­bo­ri­um gebla­se­ner Andachts­jod­ler, ein schlicht und ohne Auf­wand gesetz­tes “Lei­se rie­selt der Schnee”, ergriff eben­so wie die pracht­vol­le Renais­sance­po­ly­pho­nie von Cesa­rio Gus­sa­go oder das wun­der­bar schrei­tend gespiel­te Choral­vor­spiel zu “Wachet auf” von Johann Sebas­ti­an Bach.
 
Alte Advents- und Weih­nachts­lie­der, sorg­fäl­tig mit har­mo­ni­schen und satz­tech­ni­schen Zuta­ten ver­fei­nert und über­höht, ver­voll­stän­dig­ten die­ses Bild einer musi­ka­li­schen und dyna­mi­schen Viel­falt — etwa der auf­blü­hen­de und empor­stei­gen­de Satz zu “Oh Hei­land, reiß’ die Him­mel auf” oder die Fuge über “Vom Him­mel hoch, da komm ich her”, die nach baro­ckem Vor­bild mit höchs­tem tech­ni­schen Fein­ge­fühl kom­po­niert war. Eine kräf­ti­ge Stim­me sprach aus all dem, eine Stim­me, die in ihrer Macht und musi­ka­li­schen Pracht die Geräu­sche des All­tags über­tön­te und ver­bann­te und auf das kom­men­de Fest hin­führ­te. Da war kein Platz mehr für vor­der­grün­di­ge Fröh­lich­keit, für schnel­len Kon­sum oder auf­ge­setz­te Gefühls­du­se­lei.
 
Allein mit kunst­voll gebil­de­ten und zusam­men­ge­füg­ten Tönen, zeich­ne­te das Blech­blä­ser­en­sem­ble das Bild eines Fes­tes, das von Ehr­furcht, Freu­de und tie­fem Ver­trau­en erfüllt ist — ganz so, wie es ange­kün­digt wor­den war: eine Erin­ne­rung an die eigent­li­che Bedeu­tung des Weih­nachts­fes­tes.

Quel­le: Schwä­bi­sche Zei­tung vom 17.12.2014 Bild: Rahn