Kir­chen­kon­zert wird zum gro­ßen Erleb­nis

Für die Besu­cher in der voll besetz­ten Kir­che St. Ulrich wur­de das fei­er­li­che Kon­zert der Stadt­ka­pel­le Wan­gen an Aller­hei­li­gen zu einem gro­ßen Erleb­nis. Musik­di­rek­tor Tobi­as Zins­er und sein aus 80 Musi­kern bestehen­der Klang­kör­per begeis­ter­ten mit ihrem Vor­trag eben­so wie die aus­ge­wähl­ten Wer­ke berühr­ten. Es waren ins­ge­samt 90 Minu­ten Kunst­ge­nuss auf höchs­tem Niveau.

Impo­sant und bei­na­he monu­men­tal eröff­ne­te der „fei­er­li­che Ein­zug der Rit­ter des Johan­ni­ter­or­dens“ von Richard Strauß das Kon­zert. Wobei die Blech­blä­ser nicht nur gefor­dert waren, son­dern ihrer Rol­le als Ver­mitt­ler majes­tä­ti­scher Klang­fül­le über­aus gerecht wur­den.

 

Als ein unge­wöhn­li­cher Hör­ge­nuss erwies sich auch das „Ecce Sacer­dos Magnus“ von Anton Bruck­ner. Hier mal­te die Gesamt­ka­pel­le ein groß­ar­ti­ges Bild von Jesus Chris­tus als den hohen Pries­ter, der den Men­schen mit all sei­nen Lei­den und Pro­ble­men auf die Ebe­ne Got­tes hin­auf­zie­hen soll.

Der berühm­te japa­ni­sche Kom­po­nist und Diri­gent Yasu­hi­de Ito hat mit der „Glo­rio­sa“ sein wohl bekann­tes­tes und erfolg­reichs­tes Werk geschaf­fen. In dem rund 20-minü­ti­gen „Sin­fo­ni­schen Gedicht“, das die Ver­fol­gung der japa­ni­schen Chris­ten, deren Wider­stand und schließ­lich ihren Tri­umph zum The­ma hat, wer­den tra­di­tio­nell japa­ni­sche Klän­ge mit denen euro­päi­scher Kom­po­si­ti­ons­tech­nik ver­bun­den. Ito bedient sich dabei aller Far­ben eines gro­ßen Blas­or­ches­ters und eines aus­ge­dehn­ten Schlag­werk­ap­pa­ra­tes.

Gebor­gen­heit unter­bro­chen

Wun­der­bar, wie die Röh­ren­glo­cken wie­der­holt im lang­sa­men Tem­po geschla­gen wur­den, bevor Mit­glie­der der Stadt­ka­pel­le einen gre­go­ria­ni­schen Cho­ral anstimm­ten. Beein­dru­ckend, wie die Gebor­gen­heit der kirch­li­chen Atmo­sphä­re durch schnel­le und auf­dring­li­che Trom­mel­stö­ße unter­bro­chen wur­den und sich ein schnel­ler Teil anschloss. In die Auf­re­gung des „musi­ka­li­schen Gefechts“ hör­te man „Schreie“, die durch schrill gespiel­te, teil­wei­se gedämpf­te Trom­pe­ten erklan­gen.

Im zwei­ten Satz, dem Can­tus, über­rasch­te eine japa­ni­sche Volks­me­lo­die, die von der Pik­ko­lo­flö­te als Nach­ah­mung einer japa­ni­schen Ryu­te­ki-Flö­te vor­ge­stellt wur­de. Nach­dem zu Beginn des drit­ten Sat­zes sich wie­der­ho­len­de Trom­mel­rhyth­men und vol­ler Blä­ser­ein­satz den Kampf gegen die Ver­fol­gung skiz­ziert hat­ten und in der Fol­ge ein christ­li­cher Cho­ral ver­klun­gen war, ende­te der vol­ler Schwung gespiel­te Schluss so, wie man sich eine Glo­rio­sa vor­stell­te.

Hat­ten die Besu­cher bei Ito lei­den­schaft­li­che sym­pho­ni­sche Blas­mu­sik genie­ßen kön­nen, so kamen mit Gus­tav Mahlers „Aus­zü­ge aus dem Fina­le der 3. Sin­fo­nie“ die Lieb­ha­ber der Spät­ro­man­tik auf ihre Kos­ten. Zum Nie­der­knien schön wur­de das umge­setzt, was der Kom­po­nist in jeder sei­ner Sin­fo­nien vor­an­stellt: sei­ne ganz per­sön­li­che Sicht auf die Welt. Lie­be, Natur, Tod, Trau­er, Schmerz, Kind­heit und Erin­ne­run­gen – in alles konn­te sich hin­ein­ge­hört und hin­ein­ge­fühlt wer­den.

Ganz ande­re Klang­far­ben bescher­te Tobi­as Zins­er dem Publi­kum mit dem musi­ka­li­schen „Cross­over“ über das tra­di­tio­nel­le Mari­en­lied „Seg­ne Du, Maria“ des erst 31 Jah­re alten Thie­mo Kraas. Noch vier Jah­re jün­ger ist Tho­mas Asan­ger, dem die Choral­phan­ta­sie „Sankt Cäci­lia“ zu ver­dan­ken ist.

Das offi­zi­el­le Ende des Kon­zerts bil­de­te das Fina­le aus der „Sin­fo­nie Nr. 3 c‑moll“ von Camil­le Saint-Saens. Obwohl auch als „Orgel­sin­fo­nie“ bekannt, spielt das – hier von Felix Brauch­le fein bespiel­te Instru­ment — lei­der nur eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Noch ein­mal prä­sen­tier­te die Stadt­ka­pel­le ihr homo­ge­nes Spiel, zog alle Regis­ter ihrer Stär­ken. Und als dann auch die Zuga­ben ver­klun­gen waren, stand fest: Der Klang­kör­per unter Tobi­as Zins­ers pro­fes­sio­nel­ler Lei­tung sprach eine ver­ständ­li­che und zugleich fan­tas­ti­sche Musik­spra­che.

Quel­le: Schwä­bi­sche Zei­tung vom 03.11.2015 geschrie­ben von: Vera Stil­ler