Wan­gen spielt leicht und ele­gant

Nach­dem das Jugend­blas­or­ches­ter unter der Lei­tung von Rei­ner Hobe mit einem bun­ten und musi­ka­lisch prä­zi­se vor­ge­tra­ge­nen Pro­gramm ent­spre­chend ein­ge­stimmt hat­te, nahm die Stadt­ka­pel­le unter der Lei­tung von Tobi­as Zins­er auf der Tri­bü­ne vor dem stim­mungs­voll beleuch­te­ten Markt­platz. Die Ent­schei­dung, das Kon­zert auf Frei­tag­abend vor­zu­le­gen, war fuß­ball- und wet­ter­tech­nisch gold­rich­tig.

 Die Stadt­ka­pel­le auf dem Markt­platz zu hören, ist immer wie­der ein beson­de­res Erleb­nis. Dabei ent­wi­ckelt sich ein sehr ele­gan­tes, lich­tes musi­ka­li­sches Bild. Das zeig­te sich schon im Tri­umph­marsch aus Ver­dis „Aida“, der wun­der­bar ins ita­lie­ni­sche gepräg­te Flair des Wan­ge­ner Markt­plat­zes pass­te, ein wür­de­vol­les und zugleich enthu­si­as­ti­sches Bad in Melo­dien und Har­mo­nien.

„Alpi­ne Holi­day“ von James Bar­nes besaß auch die­sen nach oben stre­ben­den Cha­rak­ter. Die beschrei­bung der schwei­zer Alpen ließ der Phan­ta­sie frei­en Raum, Bil­der erste­hen zu las­sen: schrof­fe Fel­sen, him­mel­stür­men­de Gip­fel, eine quir­li­ge Tier- und Men­schen­welt: Alles war sehr bunt, sehr hell, glän­zend und leben­dig.

Per­fekt aus­ge­wo­ge­ne Satz­tech­nik

Für sei­ne „Fryd­lant Suite“ hat der Tsche­che Pavel Sta­nek auf bekann­te böh­mi­sche und mäh­ri­sche Volks­lie­der zurück­ge­grif­fen. Mit viel Sinn und Fein­ge­fühl für das Ori­gi­nal, gelang es ihm, den volks­tüm­li­chen Lied­cha­rak­ter der vier Sät­ze zu bewah­ren. Die Melo­dien ent­wi­ckel­ten sich zu Kris­tal­li­sa­ti­ons­punk­ten für eine per­fekt aus­ge­wo­ge­ne Satz­tech­nik, die sich ganz in den Dienst eines dich­ten und unmit­tel­ba­ren Aus­drucks stell­te.

Der Cha­rak­ter wech­sel­te vom Schwel­gen in sat­ten Klang­far­ben bis zu gelös­tem Musi­zie­ren und herz­haf­ten Tanz­ab­schnit­ten, in denen die Stadt­ka­pel­le leicht­fü­ßig und wie auf Zehen­spit­zen über den Markt­platz hüpf­te. Immer war die siche­re Hand des Kom­po­nis­ten zu spü­ren, der nie­mals ins For­mel­haf­te oder in die Gefühls­du­se­lei abglitt, eine gelun­ge­ne Syn­the­se aus Volks­mu­sik und den Mög­lich­kei­ten eines moder­nen Blas­or­ches­ters.

In der Film­mu­sik zu „The Cow­boys“ von John Wil­liams herrsch­ten jugend­li­ches Unge­stüm und Unbe­küm­mert­heit vor, die jedoch mit der Här­te von Tod und Ver­lust kon­fron­tiert wird: Der bär­bei­ßi­ge Ran­cher, dar­ge­stellt von John Way­ne, kommt im Lau­fe des Vieh­trecks ums Leben und die jugend­li­chen Cow­boys müs­sen die gro­ße Auf­ga­be allein zu Ende brin­gen. Der unge­brems­te Bewe­gungs­im­puls kul­mi­nier­te in rasan­ten Uni­so­no-Pas­sa­gen, die gesto­chen scharf über alles Regis­ter gelan­gen.

Eben­falls sehr tem­pe­ra­ment­voll schloss sich „Gra­na­da“ von Agus­tin Lara an, ein Welt­hit, des­sen schnei­di­ge Paso-Doble-Rhyth­men ein Feu­er­werk an wech­seln­den Stim­mun­gen und anda­lu­si­schem Stolz umrahm­ten und nicht weni­ger Stolz folg­te der Marsch „Pomp and Cir­cum­s­tances“ Nr. 1 von Edward Elgar, das Sinn­bild bri­ti­scher Macht und Grö­ße.

Zins­er wählt ech­tes Marsch­tem­po

Tobi­as Zins­er wähl­te ein ech­tes Marsch­tem­po, ließ der musi­ka­li­schen Sub­stanz den Raum, sich zu ent­fal­ten und das welt­be­kann­te Trio schmet­ter­te nicht pom­pös, son­dern leg­te sich als sil­ber­ner, durch­sich­ti­ger Klang­tep­pich über den Markt­platz – der völ­li­ge Gegen­satz zur gegen­wär­ti­gen patrio­ti­schen Auf­wal­lung, musi­ka­lisch aber äußerst ein­drucks- und stim­mungs­voll.

Musi­ka­lisch fein­sin­nig und ein­fühl­sam ging das Kon­zert auch mit zwei Zuga­ben zu Ende: „Sal­ve Impe­ra­tor“ von Juli­us Fucik, schmis­sig, aber nicht über­schärft gespielt und einem sehr klang­voll arran­gier­ten Spi­ri­tu­al: „Lead me home“.

Quel­le: Schwä­bi­sche Zei­tung vom 03.07.2016; Geschrie­ben von Joh­n­an­nes Rahn; Bil­der: Susan­ne Mül­ler