Wan­gen fei­ert sich mit Kret­sch­mann und Sin­fo­nie

Wan­gen hat den offi­zi­el­len Höhe­punkt des Jubi­lä­ums­jah­res gefei­ert. Beim drei­ein­halb­stün­di­gen Fest­akt am Frei­tag­abend im Fest­saal der Wal­dorf­schu­le gab es viel Lob von Minis­ter­prä­si­dent Win­fried Kret­sch­mann für die Stadt. Vor allem aber war die Fei­er vor rund 700 Gäs­ten gekenn­zeich­net durch die gelun­ge­ne Welt­ur­auf­füh­rung der Ach­ten Sin­fo­nie James Bar­nes durch die Stadt­ka­pel­le. Der US-Kom­po­nist hat­te sie eigens für das 1200-jäh­ri­ge Bestehen Wan­gens geschaf­fen.

 

Am Ende war es eine Stim­mung wie bei einem Sil­ves­ter­kon­zert der Stadt­ka­pel­le. Die vom Büh­nen­dach los­ge­las­se­nen Luft­bal­lons wur­den von den Fest­gäs­ten zer­tre­ten; eine lau­te Knal­le­rei war die gewoll­te Fol­ge. Zuvor hat­te Bar­nes sei­ne Ach­te Sin­fo­nie für Wan­gen diri­giert. Laut OB Micha­el Lang hat­te der Ame­ri­ka­ner die sieb­te anläss­lich des 150-jäh­ri­gen Geden­kens an den US-Bür­ger­krieg geschaf­fen.

Die vier Sät­ze der Sin­fo­nie waren erst bestimmt durch Düs­ter­heit und Dra­ma­tik, ging ins Moder­ne über, ehe es roman­tisch wur­de. Das Fina­le strotz­te vor Fan­fa­ren und Hym­nen: ein pas­sen­des Ende für die Fei­er eines run­den Stadt­ge­burts­tags.

Auch Bar­nes fühlt sich geehrt

Geehrt fühl­ten sich vie­le Wan­ge­ner durch das Werk, geehrt fühl­te sich aber auch der Kom­po­nist selbst. Nach einem Stoß­seuf­zer bekun­de­te Bar­nes sei­nen Dank, dass er die Sin­fo­nie für Wan­gens 1200-jäh­ri­ges Bestehen „kom­po­nie­ren durf­te“. Berührt zeig­te er sich zudem, dass er sei­ne Musik im Land der gro­ßen klas­si­schen Kom­po­nis­ten der Musik­ge­schich­te spie­len konn­te. Und scherz­haft füg­te Bar­nes noch eine Beson­der­heit an: „Für einen Ame­ri­ka­ner ist es schwer zu begrei­fen, dass etwas 1200 Jah­re alt ist.“

Als die­se Wor­te fie­len gehör­te die Fest­re­de von Minis­ter­prä­si­dent Win­fried Kret­sch­mann bereits der jüngs­ten Wan­ge­ner Stadt­ge­schich­te an. Dem Anlass gemäß fand der Regie­rungs­chef nur loben­de Wor­te für die eins­ti­ge Freie Reichs­stadt. Man mer­ke den Wan­gen­ern ange­sichts ihres Selbst­be­wusst­seins die­se His­to­rie immer noch an. Nach einem kur­zen Aus­flug durch die Stadt­ge­schich­te bemerk­te Kret­sch­mann: „Die Wan­ge­ner Alt­stadt ist wie ein auf­ge­schla­ge­nes Geschichts­buch.“ Eine mit Beson­der­hei­ten. Denn: „Wo gibt es das schon, dass die Pas­san­ten von einer Figur mit den Gesichts­zü­gen des Alt-Ober­bür­ger­meis­ters ange­spuckt wer­den“, frag­te er mit Blick auf den Ver­druck­ten All­gäu­ers am Pfaf­fen­turm.

Lob fürs Ehren­amt

Lob gab es auch für die star­ke, diver­si­fi­zier­te, mit­tel­stän­di­sche Wirt­schafts­struk­tur Wan­ges, des­sen Funk­ti­on als Zen­trum des Würt­tem­ber­gi­schen All­gäus und den Bekannt­heits­grad weit über die Stadt­gren­zen hin­aus.

Kret­sch­mann nahm auch die Schil­de­rung OB Langs auf, der in sei­ner Ein­gangs­re­de das star­ke ehren­amt­li­che Enga­ge­ment in der Stadt betont hat­te. Der Minis­ter­prä­si­dent bezeich­ne­te die­ses als das „größ­te Gut“, nicht nur in Wan­gen, son­dern in ganz Baden-Würt­tem­berg.

Beim The­ma Asyl wird Kret­sch­mann poli­tisch

Poli­tisch wur­de der Minis­ter­prä­si­dent, als er zahl­rei­che Bei­spie­le ehren­amt­li­chen Enga­ge­ments in Wan­gen auf­zähl­te — und beim gro­ßen Hel­fer­kreis für Asyl­be­wer­ber ankam: „Ich bin sehr glück­lich, dass es in unse­rem Land eine gro­ße Hilfs­be­reit­schaft gibt.“ Aller­dings dif­fe­ren­zier­te er zwi­schen Flücht­lin­gen, die aus Angst um ihr Leben nach Deutsch­land kom­men und jenen aus Bal­kan­staa­ten, die hier sei­en, weil sie sich in Deutsch­land wirt­schaft­lich ein bes­se­res Leben erhoff­ten: „Dafür ist das Asyl­recht nicht gemacht“, erklär­te Kret­sch­mann. „So weh es tut“, hier kom­me man um „Rück­füh­run­gen“ nicht her­um. Gleich­wohl plä­dier­te der Minis­ter­prä­si­dent für ein „moder­nes Blei­be­recht“.

Red­ner und Mode­ra­tor Lang

Ers­ter Red­ner des Abends war Ober­bür­ger­meis­ter Micha­el Lang, der nicht nur humor­voll Wan­gen beschrieb, son­dern auch lau­nig durch den gesam­ten, drei­ein­halb­stün­di­gen Abend führ­te. In kur­zen Zügen stell­te er cha­rak­te­ris­ti­sche Merk­ma­le der Stadt vor. Dazu gehör­te, dass Wan­gen nach wie vor ein star­ker Behör­den­stand­ort sei. „Wenn man ein Finanz­amt vor Ort hat, zah­len die Bür­ger unglaub­lich gern Steu­ern“, erklär­te der Rat­haus­chef augen­zwin­kernd. Nicht ohne hin­zu­zu­fü­gen: „Viel­leicht müss­te man des­halb eine Außen­stel­le des Wan­ge­ner Finanz­amts in Grie­chen­land eröff­nen. Aber das habe ich nicht gesagt…“

In Rich­tung Kret­sch­mann pries er die Wan­ge­ner Stadt­ka­pel­le an: „Wenn sie mal ein gutes Orches­ter brau­chen: Unse­re Stadt­ka­pel­le ist die bes­te“, sag­te er bezüg­lich des vor zwei Jah­ren errun­ge­nen Siegs beim Deut­schen Orches­ter­wett­be­werb. Die­ser Tat­sa­che wider­sprach nie­mand und war auch am Applaus für die spä­ter fol­gen­de Urauf­füh­rung der Sin­fo­nie abzu­le­sen.

Dich­ter Pro­grammrei­gen

Wei­te­re Pro­gramm­punk­te des Abends waren unter ande­rem der bei­fallum­tos­te Auf­tritt eines Kin­der­chors, der aus hun­der­ten Wan­ge­ner Schü­lern und Chö­ren der Jugend­mu­sik­schu­le gebil­det wur­de. Caro­li­ne Schnit­zer begeis­ter­te mit ihrer Stim­me, als sie Wer­ke von Doni­zet­ti, Schu­mann und Sina­tra sang. Der Auf­tritt des Bür­ger­meis­ter aus Frank­reichs Part­ner­stadt La Garen­ne-Colom­bes wur­de beglei­tet durch die sport­lich-artis­ti­sche Dar­bie­tung drei­er Par­cour-Läu­fer. Nicht weni­ger Kör­per­be­herr­schung erfor­der­te die Modern-Dance-Auf­füh­rung jun­ger Ita­lie­ner aus Wan­gens dor­ti­ger Part­ner­stadt Pra­to.

Quel­le: Schwä­bi­sche Zei­tung vom 20.03.2015 geschrei­ben von Jan Peter Stepp­at